Neuzeit

Nach vier Jahren des Darbens und Wurachens begann also 1989 nun zehn Jahre nach Gründung meiner eigenen Firma ein neuer Abschnitt. Die Loslösung von der Transfer Express GmbH bedeutete nun, die Aufträge wieder in eigener Regie abzuwickeln. Überführungen auf eigener Achse waren unser täglich Brot. Dazu kamen die Touren mit dem Scania für Schmitz. Zwei bisweilen drei Anhänger oder Auflieger waren jede Woche vom Kühlerwerk Vreden zur Verschiffung nach Travemünde zu bringen. 1000 Kilometer die Runde. Nicht immer war das terminlich mit dem Scania zu schaffen. Es galt also, eine weitere Maschine ins Rennen zu bringen. Geld für ein neues Auto war knapp, da besannen wir uns auf die vermaledeite Krupp Zugmaschine, die in der Scheune leise vor sich hinstaubte. Das Schicksal hatte uns einen nagelneuen Motor dafür beschert und ein glücklicher Umstand hatte uns ein verunfalltes Fernverkehrsführerhaus ins Haus gespült. (Ein Bericht darüber folgt unter „Historische Fahrzeuge“) Flugs entstand nun ein gestandener Ferntransporter, der ab 1992 tüchtig mit anfassen musste. Zunächst galt es, 380 Aggregate Anhänger innerhalb Hamburgs zur Verschiffung nach Ägypten zu befördern. Schnell wurden noch zwei Adapterstücke angefertigt, denn die Anhänger hatten Nato-Zugösen, die nun mal normalerweise nicht mit der üblichen 40er Bolzenkupplung gefahren werden konnten. Mit der Hilfe von D.J. und seinem Mercedes Rundhauber haben wir dann in jeder Nacht 16 Stück in den Hafen gedonnert. Da kam keine Langeweile auf. Tagsüber hätten wir sicherlich nicht mal die Hälfte geschafft.

Allein, der Sinn stand doch nach einem kraftvollen und bequemen Hauber für feinsten Fahrgenuss. Die schönen Scania Schnautzer der neuen Generation hatten es mir schon angetan. Neu war so etwas natürlich total unerschwinglich, aber nun hatten wir ja ein sehr freundschaftliches Verhältnis zu einem großen Gebraucht-LKW Händler in Dänemark für den wir häufig unterwegs waren. „Anders, schau doch mal, ob du so einen schönen Wagen finden kannst.“ Und schon bald darauf konnten wir ihn abholen: Eine Scania Zugmaschine Typ 142 mit fünf Meter Radstand, Fernverkehrshaus und eben mit einem legendären V8-Motor. Wir schrieben das Jahr 1992. Flugs ging es daran, dem Wagen ein neues Erscheinungsbild zu verpassen. Mit Lemmi zusammen verpassten wir ihm ein Farbkleid vom Edelsten: Eine Fünf-Farben-Lackierung mit Trennlinien – fast 14 Tage haben wir gearbeitet: Abkleben – Lackieren – Umkleben – Lackieren – so ging es tagelang in einem fort. Und diesmal hatten wir ein modernes Fahrzeug, welches es uns erlaubte, aus dem historisch bedingten Farbraster auszubrechen. In der zweiten Abteilung gab es dann noch eine Vollverkleidung mit Pfauenaugen-Blechen. Es folgte die ungebändigte Freude am Fahrgenuss. Man wurde gar nicht müde, die Kilometer wegzuputzen. Was gab es Schöneres, als mit diesem Kraftprotz das Werratal, den Knüll, den Spessart oder die Pforzheimer Berge glatt zu bügeln. Das großzügige Platzangebot, die herrliche Puffverkleidung – was für ein Zuhause! Leider wurde es mit der ersehnten Dauerarbeit für die Zugmaschine nichts. So mussten wir sie leider schon bald wieder verkaufen, war sie doch recht teuer im Einstand gewesen.

Aber schon bald darauf, nämlich 1993, kamen wir erneut in den Besitz eines Fahrzeuges, welches den üblichen Rahmen unserer Aktivitäten erweiterte. Die alt eingesessene Konservenfirma Ebbrecht aus Neumünster war von einem Holländer aufgekauft worden. Der riesige Warenbestand wurde abverkauft bzw. in ein Zweigwerk nach Lage umgefahren. Durch Vermittlung eines guten Freundes konnten wir den firmeneigenen Ferntransporter übernehmen – ein Volvo F12 mit Kässbohrer Kofferauflieger. Damit einher ging die Auslieferung des Konservenbestandes im Nahverkehr zwischen Hamburg und Flensburg, während die Ferntouren von einer holländischen Transportfirma übernommen wurden. Wir fuhren ein ganzes Jahr lang tagtäglich im Norden unserer Republik umher, es gab feines Geld und auch der anschließende Verkauf des Fahrzeuges ließ frohlocken.

Inzwischen war der Scania mit dem selbst gebauten, maßgeschneiderten Tieflader sehr viel mit den FFG Fluggasttreppen unterwegs. Der Krupp fuhr nur im Hängerbetrieb mit den Faltwandanhängern. Und eigentlich fehlte es immer mal wieder an einer Zugmaschine, die gelegentlich einen Sattelauflieger wegbringen könnte. Naja, etwas Gewöhnliches kam natürlich nicht in Frage, aber immer schön die Augen offen halten. Und eines Tages im Jahre des Herrn 1994 war es dann soweit: Eine Büssing Zugmaschine BS 16 mit Luftfederung und 320 PS-Motor kreuzte meinen Weg. Ungedenk meiner nicht gerade rosigen Erfahrungen mit meinem Büssing aus der Gründerzeit, erwarb ich dieses seltene Stück. Aber diese Marke scheint nicht zu mir zu passen – ist eher etwas für Zigarrenraucher. So wechselte sie schon bald wieder den Besitzer.

Und wieder einmal wollte es das Schicksal, dass ein seltenes Auto seinen Weg nach Bilsen finden sollte. Schon häufig war er mir begegnet auf seinem Weg überwiegend in die Schweiz: Ein Scania T82 Haubenwagen mit Kühlkoffer. Ein Einzelstück fürwahr, welches sich der Eigentümer Erling Lythje hatte bauen lassen, um für Danexim seine Runden zu drehen. Nun stand er also zum Verkauf bei einem Händler in Padborg, allerdings ohne Aufbau. Man kann so einem Wagen kaum aus dem Weg gehen, wenngleich er aber auch nicht gerade zu den Reißern gehörte mit seiner 9-Liter Maschine. Aber für eine Werbetour für Pokemon durch Deutschland sollte es wohl reichen. Flugs wurde das Chassis gekürzt, es entstand eine Sattelzugmaschine, die in Kombination mit einem Containerchassis drei Monate mit einem 40-Fuß-Werbecontainer durch die Republik tingelte. Der dafür gewählte Anstrich in blaulila wollte mir allerdings nicht so recht gefallen. So kam es, dass nach Beendigung dieses Auftrages zunächst mal das Farbkleid einer Veränderung unterzogen wurde. Es erfolgte die Umlackierung in die Hausfarben – und das sollte auch gleich eine Veränderung werden, die ihn äußerlich zum Kraftprotz mutieren ließ. Endlich gelang es mir dann auch, einen überfahrbaren Fahrzeugtransporter zu ergattern, der mit dem Scania zusammen so manche Reise in die Ferne absolvieren sollte. Und der 82er stellte sich durchaus nicht mädchenhaft an. Trotz seiner müden 260 PS riss der den voll beladenen Zug wacker durch die Berge unter der Regie seines Einpeitschers Sönke. In der zweiten Abteilung seines schonungslosen Lebens bei uns fuhr der Scania allerdings überwiegend nur im Flachland und schleppte Baumaschinen von Baustelle zu Baustelle. Er war eine Ausgeburt an Zuverlässigkeit, was man allerdings seinem Piloten nicht nachsagen konnte. Diverse Unregelmäßigkeiten führten dann dazu, dass ich Sönke rauswarf den kompletten Zug aus Wut verkaufte – nach Holland! Das tut mir immer noch leid. Aber so ein Trailer musste wieder her. Nicht nur die Kundschaft war begeistert, wie praktisch diese Art der Auflieger war. Und so begann schon bald erneut die Suche nach einem solchen Gefährt. Allerdings sollte es diesmal ein Sattel mit einem Heckausschub sein, um längere Fahrzeuge laden zu können. Nun sind diese Fahrzeuge nicht gerade häufig, dennoch gelang es, einen Zug zu erwerben, der bei einem Bergeunternehmen nur sehr wenig im Einsatz gewesen war. Tja, der Mercedes war leider mit dabei. So kam ich mal wieder zu einem Sternträger – wer mich kennt…. Egal, er verrichtete über viele Jahre recht ordentlich seinen Dienst, nicht zuletzt dank seiner wenigen Kilometer, die er bisher absolviert hatte. Wir trieben ihn dann zügig an die Million. Das hindert ihn allerdings nicht daran, im warmen Afghanistan weiterhin seinem neuen Eigentümer beste Dienste zu leisten, wie man uns zugetragen hat.

Als Ersatz schenkte uns unser Beobachter aus höheren Gefilden dann wieder einen Dreizack , den jüngeren Bruder mit etwas mehr Power, nämlich 440 PS statt 310 PS. Auch dieser Bursche war ein fleißiger Kämpfer, wenngleich Mercedes wohl die PS-Stärken anders zu messen scheint. Es war die Zeit der langen Stiche. Albanien, Kosovo, Türkei, Griechenland, Rumänien, Bulgarien, England, Irland und im Norden das komplette Skandinavien hat er unter seine Räder genommen, durchaus nicht immer harmlos. So stand er im Winter 2015 zehn Tage lang gefangen in einer riesigen Schneeverwehung in Rumänien fest. Dafür darf auch er heute in wärmeren Gefilden sein Dasein fristen.

Um dem Bedarf unserer Kundschaft entgegen zu kommen, musste ein neues Fahrzeug her, welches noch längere Einheiten transportieren konnte. Ein Hersteller mit einem annähernd geeigneten Aufliegersystem fand sich in Italien. In Zusammenarbeit mit den Technikern entwickelten wir einen flach gebauten Sattel für 95 cm Aufsattelhöhe mit Radmulden auf dem Schwanenhals, einem ausziehbaren Tiefbett, welches hydraulisch in jede Höhe zu verstellen geht und um drei Meter auszuziehen ist und mit einem besonders langen hydraulischen Rampensystem ausgestattet ist, welches einen Auffahrtwinkel von 5,6 % bietet. Als Zugfahrzeug ließen wir uns einen verunfallten 2005er Scania wieder aufbauen, der mit einem Euro-5-Motor ausgerüstet wurde, somit die Vorzüge eines analogen Tachos und modernster Motortechnik in sich vereint. Mit einer neuen Kabine versehen, bietet dieses Auto Fahrkomfort vom Feinsten für seinen Chauffeur , der sein Arbeitsgerät vorbildlich in Schuss hält.

Die lange Suche nach einer Zugmaschine, die ebenfalls noch mit konventionellem Tacho ausgerüstet ist, dennoch aber Euro-5-Norm einhält, führte schließlich zu einem Volvo, der sein bisheriges Dasein in der Schweiz verbracht hatte. Mit 520 PS gleicht er im Anzug schon fast einem Rennwagen. In Kombination mit dem flachen Auflieger, ausgestattet mit einer Ladestütze, kann er Einheiten bis zu einer Länge von 17,50 m transportieren.

Schließlich gelang es uns, erneut einen Scania V8 zu erwerben. Auch dieses Fahrzeug ist ein Neuaufbau eines Unfallwagens. Vom Baujahr her darf auch diese Maschine mit einem konventionellen Tacho gefahren werden, hat jedoch ebenfalls einen neuen Motor der Euro-5-Norm erhalten. Sehr zur Freude von Eigner und Chauffeur läuft auch dieser Scania ohne jegliche Auffälligkeiten. Toi, toi, toi.

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